Selbstliebe=Egoismus, Verwöhnung, Zeitverschwendung?!
Liebe Dich selbst … ein Hinweis, versteckt in der Aufforderung: „Liebe deine Mitmenschen wie dich selbst!“ (Markus 12,31)
Immer wieder habe ich mich mit diesem Satz auseinandergesetzt. Ich kann mich erinnern als ich das erste Mal den Fokus auf „…wie dich selbst“ in einer Predigt hörte. Ein Aha-Moment und die daraus resultierenden Überlegungen, die sich, so nehme ich es wahr, seit Jahren positiv auf die Entwicklung meiner Persönlichkeit auswirken. Ein intensiver, mal stockender Prozess der Selbstannahme, Selbstfürsorge, Verantwortung für meine Gefühle und Gedanken, der ein lebenslanger zu sein scheint.
Für wenige von uns sollte diese Basis für die Nächstenliebe noch eine ganz neue Perspektive sein. Und dennoch begegnet mir in den Beratungsgesprächen einer Ahnungslosigkeit, Hilfslosigkeit oder Schüchternheit, wenn es um diese Selbstliebe geht. Gerade viele Christinnen setzen ein Gleichheitszeichen zwischen Selbstliebe und Verwöhnung und Verschwendung. Verwöhnung mit einem negativen Touch, versteht sich. Zeit für die Bedürfnisse meiner Seele, meinen Geist und Körper… hmm … ja, schon wichtig, aber später. Irgendwann dann. Jetzt kann ich ja eh nicht. Erst müsste ich mich um die anstehenden Aufgaben vom letzten Arbeitskreis kümmern, den Lobpreis vorbereiten, die Geschichte für die Kinder vor der Predigt auswählen, die Karte für die Nachbarin schreiben, die alte Dame aus der Gemeinde anrufen und das Geburtstagsgeschenk für die Nichte sollte ich bestellen… usw. aus der persönlichen never ending To-Do-Liste. Und da soll ich regelmässig Zeit und Kraft finden, um mich selbst zu lieben? Und dabei möglichst bei der Sache bleiben und nicht noch schnell eine Nachricht schreiben oder die Spülmaschine starten?
Viele von uns, ich inklusive, leben gefährlich.
Ein falsches Verständnis von Selbstliebe und 168 ziemlich verplante Stunden, und Körper, Geist und Seele verwahrlosen Woche für Woche. Hin und wieder erlauben wir uns ein „Ich-möchte-es-wieder-gut-machen-Geschenk“. Mal ein SPA-Wochenende, einen ausgedehnten Spaziergang, Fitness-Abo, einen Bibelvers, ein motivierender Spruch, vielleicht 2-3 Beratungsgespräche, ein Buch, ein Telefonat mit der Freundin. Punktuell. Sporadisch. Am besten kombiniert mit etwas aus der To-Do-Liste, damit es effizient bleibt. Und so kommen viele von uns irgendwann an einem Punkt, an dem der Druck zu gross wird, die Last zu schwer. Verzettelung, Stress, Ausbrennen, Schlaflosigkeit, Apathie, Einsamkeit, Krankheit, Erschöpfung, Schuldgefühle, Sinnlosigkeit. Der Wunsch nach Heilung und Befreiung, sehnsüchtiger denn je. Falls du dich in einem ähnlichen Zustand befindest, dann sehr gut! Ja. Seeeehr gut! An diesem Punkt hast du bereits erlebt, was auf dem Spiel steht. Nämlich viel. Das sind die besten Voraussetzungen, um als mündige Christin die Selbstverantwortung zu übernehmen.
Selbstliebe=Egoismus, Verwöhnung, Zeitverschwendung?!
Ich denke, fühle und glaube eher Selbstliebe=Selbstverantwortung, Selbstfürsorge.
Wer Verstand erwirbt, liebt sich selbst, wer Einsicht bewahrt, findet sein Glück.
Sprüche 19,8
Theoretisch alles klar? Gut. Und jetzt ab in die praktische Umsetzung. Nimm Dir etwas zum Schreiben und lasse Deine innere Stimme Dir zur konkreten Entscheidungen für Deinen Alltag mit einer gesunden Selbstliebe verhelfen.
- Schreibe drei Beispiele auf, wie Du für Deine Seele Sorge tragen möchtest.
- Schreibe drei Beispiele auf, wie Du für Deinen Geist Sorge tragen möchtest.
- Schreibe drei Beispiele auf, wie Du für Deinen Körper Sorge tragen möchtest.
- Wie fühlst Du Dich, wenn Du diese Listen erstellst?
- Wie oft möchtest Du diese Aktivitäten einplanen? Schreibe zu jeder Aktivität die gewünschte Häufigkeit auf.
- Versuche Dir genau vorzustellen, wie es wäre ab heute einen ganzen Monat danach zu leben. Wie sieht Dein Alltag dann konkret aus? Was siehst Du, hörst Du, riechst Du, schmeckst Du, fühlst Du neu, anders? Schreibe Deine Überlegungen und Empfindungen auf. Du kannst Deine Liste auch anpassen. Ist es Dir nicht möglich mit allen neuen Entscheidungen gleich anzufangen? Mach nichts. Schreibe Dir zu jedem Beispiel ein konkretes Datum auf.
- Mit welchen Konsequenzen rechnest Du, wenn Du beginnst die Selbstliebe zu leben? Schreibe die Folgen auf, die sich für Dich und deine Umgebung ergeben würden.
- Mache es feierlich und offiziell. Schreibe Deine neuen Entscheidungen zusammengefasst auf. Unterschreibe darunter mit Name und Datum. Es ist eine Art Vertrag zur Selbstliebe. Lies es laut vor. Hänge das Blatt irgendwo auf, wo Du es immer wieder sehen kannst. Bespreche es mit jemand, der Dir nahesteht und ihm Dein Wohl am Herzen liegt.
Gott freut sich über Dich! Du entscheidest Dich für Deine Seele, Deinen Geist und Deinen Körper gut zu sorgen, Dich zu lieben. Du bist Seine Schöpfung, ein Tempel Seines Geistes und mit der aktiven Selbstliebe ehrst Du den Schöpfer! Nach einer Zeit, kannst Du qualitativ besser geben, Deinen Nächsten lieben. Aus der Fülle schöpfen. Für andere ein Beispiel sein, dass man es auch anders machen kann. Und für manche die unausgesprochene Erlaubnis, es auch anders machen zu dürfen.
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